„Wer keinen Wein trinkt, dem entgeht viel Genuss;
Armans Jean du Plessis, Herzog von Richelieu
wer aber den Wein falsch trinkt,
verdirbt sich und anderen den Genuss.
Bei einer Weinprobe können wir mehr über Weine erfahren und einzelne Weine miteinander vergleichen.
Eine Weinprobe ist eine Möglichkeit mehrere Weine unter neutralen Bedingungen zu probieren und zu analysieren. Im privaten Bereich kann es in einer geselligen Runde stattfinden.
Eine Weinprobe zu Hause sollte daher als ein angenehmes soziales Event mit einer bildenden Note betrachtet werden.
Beim Untersuchen und analysieren des Weins, wollen wir zu dem Schluss kommen wie die folgenden Eigenschaften sind:
– der Komplexität und der Charakter des Weins
– welches Potential (Fähigkeit zu lagern) ist vorhanden
– evtl. Fehler oder Defekte im Wein.
Robert Parker, der Weinkritiker, hat folgende Definition für einen großen Wein. Der Wein hat:
– die Fähigkeit sowohl den Gaumen als das Intellekt zu behagen,
– die Fähigkeit das Interesse des Trinkers zu fangen,
– die Fähigkeit intensive Aromen und Bouquet ohne Schwere zu bieten
– die Fähigkeit für jedes Schlückchen besser zu schmecken
– die Fähigkeit mit dem Alter sich zu verfeinern
– die Fähigkeit seine einmalige Persönlichkeit zu zeigen,
– die Fähigkeit seinen Ursprungsort zu spiegeln
– die Passion und Engagement des Erzeugers.
Es gibt vertikale und horizontale Weinproben
– in einer vertikalen Weinprobe werden unterschiedliche Jahrgänge vom gleichen Weintyp und gleichem Weingut verglichen. Dies verstärkt die Unterschiede der Jahrgänge.
– in einer horizontalen Weinprobe werden Weine vom gleichen Jahrgang aber von verschiedenen Weingütern verglichen. Bei der gleichen Rebsorte und Region, ermöglicht die Unterschiede der Weingüter zu erkennen.
Nicht mehr als 5-6 Weine sollten probiert werden. Professionelle Tester können viel mehr Weine testen. Es empfiehlt sich die folgende Reihenfolge der Weine beim Probieren:
– Schaumweine vor stillen Weinen
– trockene vor süßen Weinen
– leichte vor gehaltvolleren Weinen
– Weißweine vor Rotweinen
– junge vor älteren Weinen
– einfache vor exklusiven Weinen.
Für eine objektive Weinprobe werden Weine auch blind verkostet (Blindverkostung). Da werden die Flaschen (sowohl Etikett, Flaschenform als Farbe) verdeckt.
Evtl. kann der Wein in schwarzen/undurchsichtigen Gläsern serviert werden, um die Farbe zu maskieren. Damit ist man als Tester nicht von geografischer Herkunft, Preis, Reputation oder Farbe befangen.
Da eine Blindverkostung nur eine Momentaufnahme ohne Hintergrundwissen eines Weins ist, ist es z.B. nicht möglich die Voraussetzungen für die Lagerung und Alterung des Weins zu beurteilen. Dies ist stark mit dem Erzeuger und seinem Herstellungsprozess gekoppelt.
Eine der berühmtesten Blindproben war das ‚Judgement of Paris‘ am 24. Mai 1976. Die kalifornischen Weine gewannen gegen die Erwartungen, die Bestnoten. Als Ergebnis war ein erhöhtes Prestige für die Weine aus der Neuen Welt. In dem Spielfilm ‚Bottle Shock‘ (2008) wird diese Blindverkostung dokumentiert.
Vorbereitung
Ort
Wenn möglich, sollte der Raum für die Weinprobe hell und in einer neutralen Farbe sein. Er sollte auch ruhig und duftfrei sein. Weinkeller sind vielleicht ‚romantisch‘ aber das Durchdringen von wein-artigen und muffigen Düften macht eine zuverlässige Bewertung schwer.
Undurchsichtige Eimer/Behälter (Spucknapf) für Wein zum Ausspucken vom überschüssigem Wein, sollten vorhanden sein, um einen Alkoholrausch zu vermeiden. Das Ausspucken ist in einer kleinen Runde mit wenigen Weinen nicht notwendig. Dann kann man eher den Wein voll auskosten.
Temperieren, Dekantieren und ‚lüften‘
Die Temperatur hat auch einen Einfluss auf die gustatorischen Erlebnisse. Kühle Temperatur verringert die Empfindung von Zucker aber verstärkt die Wahrnehmung von Säure. D.h. ein Dessertwein scheint mehr ausgeglichen zu sein, bei niedriger Temperatur. Kühle kann damit eine angenehme Frische im Mund erzeugen.
Im Gegensatz, Wärme reduziert die empfundene Bitterkeit und Härte. Dies erklärt warum rote Weine gerne über 18 °C getrunken werden.
Falls möglich, sollten die Weine mehrere Stunden vor der Probe auf die richtige Temperatur gebracht werden. Alternativ sollten die Weine schnell im kalten oder warmen Wasser temperiert werden.
Dekantieren macht man nur, wenn der Wein einen unerwünschten Bodensatz oder Weinstein hat. Beim Umfüllen in eine Karaffe lässt man den letzten Teil mit dem Bodensatz/Depot in der Flasche.
Den Wein in einer Karaffe mit breitem Boden ‚lüften‘ (Karaffieren), macht man besonders bei jungen Weinen, so dass das Aroma sich entfalten kann. Bei älteren Weinen, mit dem Risiko dass der Wein beim Kontakt mit Luftsauerstoff ‚umkippt‘, dekantiert man den Wein in eine enge schmale Karaffe mit wenig Luftoberfläche.
Andere Zubehör
Gläser
Die Weingläser sollten, klar, ungefärbt, ohne Dekor, mit einem feinen dünnen Rand und mit einem Stiel versehen und ausreichend Kapazität und Form haben, um ein energisches Schwenken des Glases zu ermöglichen.
Das ISO Weinprobierglas erfüllt alle diese Anforderungen.
Wenn das Glas korrekt gefüllt ist, beinhaltet es ca. 50 ml Wein (füllen bis dort wo das Glas am breitesten ist).
Dieses Glas ist aber nicht optimal für Schaumweine. Es hat eine zu weite Öffnung, um die Kohlensäure zu begrenzen. Die Kohlensäure verschwindet zu schnell und die ‚Perlage‘ (das Entweichen von Kohlendioxidbläschen) bleibt nicht lange.
In diesem Fall ist eine schmalere Sektflöte besser geeignet.
Gläser reinigen
Am besten mit Handwäsche (ohne Spülmittel) im heißen Wasser (bei 83 °C sind die Gläser steril) und danach lufttrocknen lassen. Nur kommerzielle Geschirrspüler erreichen diese Temperatur (nicht normale Haushaltsgeschirrspüler).
Gaumenreiniger
Wenn mehrere Weine unmittelbar hinter einander probiert werden, werden auch Würfel von Weißbrot und Wasser (ohne Kohlensäure) serviert. Dies um den Gaumen zwischen den Weinen zu reinigen. Geschmack-reiche Zutaten können eher die Probe und die Analyse behindern.
Weiße Tischdecke
Für die optische Prüfung ist es notwendig mit einem weißen Hintergrund. Dann ist es sinnvoll, wenn die Tischdecke weiß ist. Oder man hat ein weißes Blatt Papier als Hintergrund. Mit einer ordentlichen Beleuchtung drüber, hat man eine gute Voraussetzung für die Probe.
Einschenken und aufstellen
Auf jedem Platz der Teilnehmer werden die Gläser in einer Reihe aufgestellt. Die Gläser werden mit dem temperierten Wein mit 5 cl eingeschenkt. Die Weine werden von links nach rechts probiert.
Information
Details über die Weine werden in Abhängigkeit von der Zielsetzung zur Verfügung gestellt. Bei einer Blindprobe bekommen die Tester keine Information und sogar die Flaschen werden umhüllt, damit Farbe und Form der Flaschen nicht ersichtlich sind.
Sollten die Rebsorten oder regionale Unterschiede verglichen werden, dann sollte dies den Testern mitgeteilt werden und eine präzise Information der Weine vorenthalten werden, entweder um einen zu großen Einfluss zu vermeiden oder um das Suchen nach den gewünschten Eigenschaften zu animieren.
Eine detaillierte Information über die Weine ist nur angebracht bei elementaren Weinproben.
Für die Beurteilung werden Formulare oder Blätter mit Stiften für Notizen bereitgestellt.
Sehen
Das Aussehen des Weins wird zuerst analysiert.
Die Farbe vom Wein kann sehr variieren und gibt uns Hinweise über Rebsorte, Anbauregion und Klima.
Die Farbtiefe muss nicht ein Qualitätsfaktor sein, kann aber etwas über die Struktur des Weins, den Körper und die Länge des Abgangs aussagen.
Die Klarheit und Durchsichtigkeit können Anhaltspunkte geben über die Qualität der Weinherstellungstechnik und ob die Flasche korrekt behandelt wurde.
Das Schwenken des Glases zeigt die Konsistenz des Weins und lässt die Aromen frei.
Neigen wir das Glas 30-45° und betrachten wir den Wein gegen das Licht und gegen einen weißen Hintergrund.
• wie klar ist der Wein (ohne Schleier?)
• Farbe (Farbton oder Abstufung) am Rand und im Kern
• Tiefe (Intensität), wie durchsichtig ist der Wein?
• Viskosität, wie zäh fließt der Wein (hat er Füße?)
• bei moussierenden Weinen: wie ist das Schäumen?
Die Farbe:
Man sollte versuchen mit folgenden Farben auszukommen:
Rotwein: purpur, rubinrot, rot, ziegelrot, rotbraun und braun
Weißwein: gelb-grün, strohgelb, gelb, gold, tief-golden, Bernstein und braun
kombiniert mit den Quantoren blass, hell, medium und dunkel.
Weinfarben
Das Reifen in Eichenfässer beschleunigt die altersbedingten Farbänderungen. Beim Reifen, nehmen goldene Farbtöne in Weißweinen zu, während die Farbtiefe der Rotweine sich verringert. Evtl. erhalten alle ältere Weine gelbbraune Nuancen.
Hat der Wein Füße oder Tränen nachdem man das Glas geschwenkt hat? Das deutet auf einen höheren Alkoholhalt mit größeren Oberflächenspannung hin. Einige Weine ergeben generell einen höheren Alkoholhalt als andere (Barolo, Amarone, Merlot etc.).
Die Oberfläche des Weins soll bei einem hochwertigen Wein klar und glatt sein. Der Glanz wird bei hochwertigen Weinen als hell, glanzhell oder klar bezeichnet.
Bei einem Essen ist die Farbe des Weins unerheblich.
Riechen
Unser Geruchssinn ist sehr komplex und kann bis zu 10.000 Gerüche unterscheiden. Wenn wir ein Glas probieren und die Nase zuhalten, können wir kaum etwas erkennen. Die Nase spielt eine sehr große Rolle beim Wein probieren. 80 Prozent aller Geschmackseindrücke nimmt die Nase auf.
Die beiden Begriffe Aroma und Bouquet werden abwechselnd verwendet. Streng genommen haben sie unterschiedliche Bedeutungen.
Aroma ist der Duft eines jungen Weines, oder allgemein wenn man den Duft eines Weins beschreibt. Aroma entsteht aus der Rebsorte oder aus dem Weinherstellungsprozess.
Bouquet bezieht sich auf den Duft, der sich in der Flasche beim reifen entwickelt. Das kann ein Ergebnis des Alterungsprozesses sein, und repräsentiert damit den Duft eines gereiften Weines.
Fangen wir an mit unserem Weinglas. Versuchen wir zuerst den Duft in drei Höhen zu erkennen
• in Brusthöhe (bei sehr aromatischen Weinen spürbar)
• am Kinn
• unter der Nase
• zunächst den Wein im Glas einatmen, ohne ihn zu schwenken. So nehmen wir die flüchtigen, unbeständigen und leicht-flüchtigen Aromen wahr.
• den Duft und dessen Intensität analysieren und notieren
• das Glas schwenken um die aromatischen Bestandteile freizusetzen
• riechen wir den Wein, studieren wir die Intensität des Dufts.
Die Aromen könnten in 5 Basisgruppen eingeteilt werden:
– fruchtig
– blumig
– würzig
– vegetarische Gerüche
– andere Gerüche.
Als Hilfe für die Beschreibung der Aromen, gibt es ein Aromarad als standardisiertes System zur sensorischen Beschreibung. Es wurde in den 80er-Jahren in USA entwickelt. In drei Kreisen werden Geruchsklassen definiert und weiter unterteilt. Das Aromarad gibt es nicht nur für Wein, sondern auch für viele andere Testthemen (wie Schokolade, Kaffee etc.).
Schmecken
Ein Wein mit Komplexität ist ein Wein mit mehr als einem Geschmack. Komplexe Weine haben mehrere Stufen von Duft, Geschmack und Zwischentönen und Nuancen.
Im Mund
Nachdem wir die Nase (hoffentlich) genossen haben, nehmen wir einen Schluck. Ruhig einen großen, damit der Mund ausgefüllt ist. Was empfinden Sie jetzt? … Können Sie Süße spüren? Hat der Wein Kohlensäure (wie im Mineralwasser)? Spüren Sie die Säure? Ist die Säure sauer, kräftig oder eher flau?
Insbesondere bei Rotweinen spüren wir evtl. die Gerbstoffe (Tannine). Bei jungen gerbstoffreichen Rotweinen erleben wir Tannine dadurch, dass die Zunge und der Gaumen pelzig und taub werden. … Im Mund könnten wir Bitterkeit spüren. Ein Wein kann alkoholisch (wie Branntwein) wirken. Ein Wein schmeckt dann, wenn alle Komponenten in einem angemessenen Verhältnis zueinander vorhanden sind. Nicht zu viel und nicht zu wenig Säure; nicht zu viel und nicht zu wenig Gerbstoffe usw. Wenn die ‚Mischung‘ stimmt, dann schmeckt uns der Wein. Man spricht dann von einem ausgewogenen oder gut balancierten Wein.
Ein Wein mit Komplexität ist ein Wein mit mehr als einem Geschmack. Komplexe Weine haben mehrere Stufen von Duft, Geschmack, Zwischentönen und Nuancen.
Der Abgang
Der berühmte Abgang …. Man kann auch sagen ‚Länge‘, ‚Nachhall‘ oder ‚Nachhaltigkeit‘. Es geht einfach um die Frage, wie nachhaltig der Wein einen Eindruck im Mund (nicht im Hals) nach dem hinunterschlucken hinterlässt. Die Spanne reicht von nicht vorhanden bis zu 10 oder 30 Sekunden. Je länger, desto bleibender das Erlebnis; umso besser ist der Wein.
Beurteilung
Es ist keine leichte Aufgabe, das sinnliche Erleben von Geruch und Geschmack in Worte zu fassen, denn diese Eindrücke sind eher an Gefühle oder Erinnerungen gebunden.
Das was beurteilt werden soll ist
– das Erscheinungsbild
– das Aroma
– der Geschmack mit dem Abgang.
Die Beschreibung sollte kurz und bündig sein und nur die Attribute beinhalten die beachtenswert sind.
Mit Übung und Konzentration kann man die Fähigkeit der Sinne verbessern und mit strukturierten Notizen kann man die Sinne schärfen. Die Illustration zeigt ein Beispiel für ein Formular für Weinprobenotizen.
Es gibt keine richtige oder falsche Beurteilung. Das was man riecht ist eine persönliche Art einen großen Wein sich zu merken
„Am liebsten trinke ich Wein, der anderen gehört.“
Diogenes , 320 BC, Griechischer Philosoph
Copyright © Sven Elmquist
1 Kommentar